Text über Werner Heiduczek

24.11.1926 Hindenburg – 28.07.2019 Zwenkau

Werner Heiduczek wurde am 24. November 1926 in Hindenburg, Oberschlesien, geboren. Er wuchs dort in einer Bergarbeiterfamilie auf. und kam zu Ende des 2. Weltkrieges in Gefangenschaft. Danach arbeitete er bis 1965 viele Jahre als Lehrer, auch im Ausland und in der Schuladministration, ehe er sich mit eigenen Texten an die Öffentlichkeit wagte.

Das waren zunächst Erzählungen und Hörspiele für Kinder und Jugendliche, aber bereits 1968 erschien sein später in viele Sprachen übersetzter Roman „Abschied von den Engeln“. Darin setzt er sich mit einem seiner Lebensthemen auseinander: Wie unterschiedlich verlaufen die Wege von Mitgliedern einer Familie, die zwischen der DDR und der Bundesrepublik zerrissen wird und wie gelingt die Integration von Umsiedlern in eine Gesellschaft wie die DDR?

Sein wichtigster und mutigster Roman „Tod am Meer“ erschien 1978 im Mitteldeutschen Verlag. Es ist der rückhaltlos ehrliche Erfahrungsbericht eines Mannes seiner Generation zu Kriegsende und im Nachkrieg. Heiduczek schlüpft dazu in die autobiografisch gefärbte Rolle eines Künstlers in der DDR, die er skeptisch, in ihrer Zerrissenheit, Unzufriedenheit und Unerfülltheit beschreibt. Wegen weniger Seiten, die 1945 eine Vergewaltigung durch Sowjetsoldaten schildern, intervenierte der sowjetische Botschafter Abrassimow bei Staats- und Parteichef Erich Honecker. Der Roman erhielt bis 1988 keine Nachauflagen, galt aber im „Leseland DDR“ als Geheimtipp. Als Heiduczek über 200 der verbotenen Bücher zu einem Buchbasar mit nach Rostock nahm, verkaufte er sie in wenigen Minuten. Als die Genossen dem ein Ende setzen wollte, war kein Buch mehr da.

Auch Werner Heiduczek, bereits einer der wichtigsten und mit hohen Auszeichnungen geehrten Schriftsteller der DDR, musste mit Enttäuschung und Bespitzelung leben wie viele andere Künstler. Auch er, dessen Bücher in 20 Sprachen übersetzt worden waren, hatte die Erfahrung machen müssen, dass der offizielle Kulturbetrieb der DDR an einer ehrlichen künstlerischen Auseinandersetzung mit Gegenwart und Vergangenheit des Landes, wie sie diesem Künstler am Herzen lag, nicht interessiert war.

Von 1977 bis zum Ende der DDR wandte Heiduczek sich nahezu ausschließlich der Nacherzählung von Märchen und Sagen wie des Parzival oder von Firdausis Königssagen zu. Diese Bücher erzielten hohe Auflagen, galten aber den Kennern seiner Bücher als ein Ausweichmanöver des eigentlich streitbaren und aufrechten Künstlers.

Nach 1990 stellte er sich in Essays wieder aktuellen Fragen wie dem Stalinismus und der friedlichen Revolution. Sein letztes Werk war die 2005 veröffentlichte Autobiografie „Die Schatten meiner Toten“ an dem er mehr als zehn Jahre gearbeitet hat.

Bis zu seinem Tod am 28. 7. 2019 lebte Heiduczek in Leipzig. Er war Dozent am berühmten Literaturinstitut, Mitglied des PEN Deutschland und der freien Akademie der Künste in Leipzig.

Der Schriftsteller
Foto Schriftsteller Werner Heiduczek
Schriftsteller Werner Heiduczek